4.Besoldung der Geistlichen im Mittelalter

 

4. Kapitel

Die Besoldung der Geistlichen im Mittelalter

 

Die Besoldung der mittelalterlichen Pfarrer erfolgte fast nur in Form von Naturalien: die pfründt. Sie war nicht einheitlich, sondern von Pfarrei zu Pfarrei verschieden. Es gab magere und fette pfründten. Auch der Besitz von mehreren pfründten war möglich. Die Pfründtenhäufung brachte die pfründte in Verruf. In ihren Auswüchsen artete sie zu einer reinen Geschäftemacherei aus. Auch mehr oder weniger große Bauerngüter konnten zum Pfarrhof gehören. Die Namen wie Pfarrholz oder Pfarrwiesen stehen dafür. Das Bild des pflügenden Pfarrers, der in der einen Hand noch sein Predigtmanuskript hält, war gar nicht selten. Erst 1870 wurde eine einheitliche Besoldungsordnung eingeführt. Landwirtschaftlich Aktivitäten waren nicht mehr gestattet. Örtlich unterschiedlich blieben noch gewisse Sonderrechte für den Pfarrer, wie zum Beispiel das Holzrecht, um nur eines zu nennen.

Vor diesem Hintergrund ist die nachfolgende Pfarrbeschreibung des Johann Werner zu verstehen. Er war einer der ersten Pfarrherren der Pfarrei St. Johannis. Ihm verdanken wir folgende Pfarrbeschreibung.

Johann Werner von Nürnberg ist Besitzer der Pfründte der Kapelle von St. Johannes dem Täufer und St. Johannis dem Evangelisten in der Vorstadt Nürnbergs. Das Haus mit Hof und drei kleinen Häusern und einer Hühnerstallung liegt zwischen dem Gottesacker und dem Kirchhof der Kapelle St. Johannis. Nach Süden hat die pfründt einen Baumgarten von einem halben Morgen oder etwas größer, im Westen stößt dieser Garten an den Garten des Siechkobels und im Norden berührt er den Gottesacker.

Alle aufgezählten Güter der pfründt sind abgabenfrei und es muss auch kein jährlicher Zins oder ähnliches an niemanden gezahlt werden.

Geldeinnahmen sind nicht zu vermelden oder nur in geringen Umfang, denn außer den drei Häusern bei dem pfründthof werden aus zwei Häusern 4 florin und aus einem Haus 1 florin übergeben.

Ich soll die Messe lesen, nachdem ich hierher geschickt worden bin. Am Sonntag lese ich eine Messe und segne den Ziehbrunnen. Diese Messe müsste ein Kaplan von St. Sebald lesen, aber sie wollen oder mögen sie nicht lesen. Nun wurde sie mir auferlegt und der Pfleger von St. Johannis gibt mir jährlich 12 Pfund dafür, wobei kein Vikar von St Johannis dazu verpflichtet war. Auch ist der Vikar nicht verpflichtet besondere Jahrestage zu halten.

Eine Besonderheit in St. Johannes ist, dass ein Vikar keinen eigenen Kelch und kein eigenes Messgewand oder ähnliches Messgewand in der Pfründt hat, dieses alles hat der Pfleger zu St. Johannes in seiner Gewalt oder ein Hofmeister anstatt des Pflegers. Das alles verschließt der Hofmeister in der Sakristei und will der Vikar eine Messe lesen, so ist der Hofmeister verpflichtet, Kelch und Messgewand zu leihen und zu der Messe zu ministrieren.


 

Johann Werner

 

 

(1 forin = eine bestimmte Anzahl von Korn, Hafer, Wein, Käse und Geflügel)

Der Beginn der Pfründtbeschreibung ist lateinisch abgefasst, vermutlich deshalb, um die Bedeutung des Dokuments zu unterstreichen.

Im ersten Absatz beschreibt Johann Werner die Lage der Grundstücke, die zum Pfarrhof gehören. Er spricht darin nicht von seinem Pfarrhof, sondern von seiner Pfründt. Auch macht er einen Unterschied zwischen dem Kirchhof, auf dem die Siechkobelinsassen begraben werden, und dem Gottesacker. Der Kirchhof muss also zu jener Zeit noch bestanden haben. Es waren somit zwei unabhängige Begräbnisstätten fast nebeneinander gelegen. Der Gottesacker wurde 1517 vom Rat der Stadt Nürnberg beschlossen, um die vielen Pesttoten begraben zu können. Bis dahin war es üblich, sich in seiner Kirche oder dem umgebenden Kirchhof begraben zu lassen. Da die Stadt fürchtete, dass sich Seuchen ausbreiteten, wurden vor der Stadt Gottesäcker gegründet.

So wie im Westen der Stadt ein Gottesacker bei St. Johannis entstand, wurden im Süden der Stadt der Rochusfriedhof und im Osten der Stadt der Jobster Friedhof angelegt.

Am Schluss dieses Absatzes betont Werner noch, dass die Pfarrei frei von Abgaben ist; theoretisch wäre es möglich gewesen, dass die Sebalder Pfarrherren eine Abgabe gefordert hätten.

Im Schlusssatz seiner Pfarrbeschreibung geht er noch auf einige Missstände ein: In der Frühgeschichte des Siechkobels wird an eine große Stiftung der Königin für den Johanniser Siechkobel erinnert (1307), die auch einen Passus enthält, dass wöchentlich eine Messe von einem Sebalder Kaplan zu lesen sei. Mit der Errichtung einer Pfarrstelle in St. Johannis werden sich die Sebalder Geistlichen gedacht haben, dass der Pfarrer die eine Messe in der Woche noch mit übernehmen könnte. Nicht ganz zu Unrecht. Zudem wird er für diese zusätzliche Messe vom Pfleger entlohnt, wie er auch anführt. Aber gewurmt scheint ihn die Angelegenheit schon zu haben, sonst hätte er sie nicht der Nachwelt anvertraut. Über zu viel Arbeit konnte sich der damalige Pfarrherr von St. Johannis nicht beklagen. Bei der winzigen Gemeinde von höchstens 20 Personen gab es kaum Kasualien (Amtshandlungen). Predigtvorbereitungen fielen ebenfalls weg, regelmäßige Predigten waren zu dieser Zeit noch nicht üblich. Sie setzten sich erst allmählich mit der Reformation durch.

Am Schluss beklagt Werner sich noch darüber, dass er bei jeder Messe den Pfleger um Messgeräte und Messgewand bitten muss. Es muss angenommen werden, dass ein solches Verfahren nicht üblich gewesen ist, sonst hätte es der Beschreiber der Pfarrei nicht ausdrücklich erwähnt. Über die Gründe können wir nur mutmaßen. Es wäre möglich, dass bei einem Amtsvorgänger Unregelmäßigkeiten vorgekommen waren. Auch eine andere Erklärung ist möglich: vielleicht wollte man verhindern, dass Amtshandlungen vorgenommen wurden, die die Sprengelkompetenz überschritten.

Diese Pfarrbeschreibung des Johann Werner, der sich in der Abkürzung seines Namens Hans nennt, ist die früheste, die uns bekannt ist. Über seinen Lebensweg sind wir in groben Zügen unterrichtet. Er ist ein geborener Nürnberger (1468), in der Universität Ingolstadt 1484 ist ein Johannes Wernher de Norimberga verzeichnet. Nach Wanderjahren, in denen er unter anderem auch Rom als angehender Priester aufsucht, finden wir ihn als Geistlichen in Wörd (1503). Zweifelsohne hat Werner durch seine Übersiedlung nach St. Johannis (1508) seine Stellung verbessert. Er ist nicht wie in Wörd einer unter mehreren (plebanus en Werd = Leutpriester), sondern für sich allein, wenn auch St. Sebald unterstellt.

Die pfründt auf dieser Pfarrei ist bescheiden. Nur Naturalien, kaum Geld. Aber wir dürfen den Lebensstandard dieser Zeit nicht übersehen. Wer nicht mehr für das tägliche Brot sorgen musste, galt schon als beneidenswert. Diese Pfründe hatte einen anderen unschätzbaren Vorteil: Eine wesentliche Arbeitslast war damit nicht verbunden. Sie ließ dem Gelehrten viel Zeit für wissenschaftliche Studien. Johannes Werner war Astronom, Astrologe und Mathematiker. Unter seinen Zeitgenossen hatte Werner einen guten Namen.

1522 ist Johann Werner verstorben. Über sein Verhältnis zur Reformation wissen wir wenig. Vom Thesenanschlag bis zu seinem Tode sind nur fünf Jahre vergangen. Da kann er nicht viel mitbekommen haben. Nach seinem Tode blieb die Pfarrstelle in St. Johannis drei Jahre unbesetzt. Von seinem Nachfolger im Amt, Johannes Dorsch, wissen wir, dass er begeisterter Lutheraner war.

 

pfrüdt johannis